Einer der während der Gedenkfeier niedergelegten Kränze.

Hallo! Wir sind Jonah und Nils und absolvieren momentan unser FSJ Kultur bei der Stiftung Nordfriesland. Unser Aufgabenbereich umfasst auch die KZ-Gedenkstätte Husum-Schwesing. Auf dieser Seite geben wir monatlich Einblick in die Arbeit auf einer KZ-Gedenkstätte mit der Hoffnung, andere Jugendliche für diese Arbeit begeistern zu können und die Wichtigkeit dieser Aufgabe hervorzuheben.

Nils und Jonah

Nils

Der Volkstrauertag wird jährlich am 13. November begangen. An diesem Tag wird den Opfern von Gewalt und Krieg jeglicher Nationen gedacht. So auch auf der KZ-Gedenkstätte Husum-Schwesing. Wir wurden eingeladen, an der Gedenkveranstaltung teilzunehmen. Meine Aufgabe sollte es sein, den Kranz des Kreises Nordfriesland zusammen mit der Leiterin der Gedenkstätte, Johanna Jürgensen, im Rondell vor dem Mahnmal niederzulegen. Bei der Veranstaltung waren neben Jonah, Frau Jürgensen und mir auch Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr sowie Angehörige der Gemeinde Schwesing anwesend. Nach einer kurzen Ansprache des Majors legten zwei Kranzträger der Bundeswehr ihren Kranz an der Stele nieder. Danach waren Vertreter der Gemeinde Schwesing mit der Kranzniederlegung an der Reihe. Zuletzt trugen Johanna Jürgensen und ich den Kranz des Kreises Nordfriesland zu der Steinsäule. Es war ein seltsames Gefühl, zu der Stele zu schreiten, da mir bewusst war, dass alle Anwesenden uns Beachtung schenkten. Im Anschluss an die Kranzniederlegung wurde eine Schweigeminute abgehalten. Ich empfand die Atmosphäre der Veranstaltung als nachdenklich und bedrückend zugleich. Die Rede des Majors war meiner Meinung nach sehr gelungen, da sie neue Konflikte mit altbekannten Problemen verknüpfte und die Art des Vortragens dem Gedenktag angemessen war.

Der Volkstrauertag verdeutlicht die Bedeutung von Gedenktagen und -veranstaltungen für unsere Gesellschaft. Sie fordern dazu auf, an die Geschichte des eigenen Landes zu erinnern und aus Fehlern der Vergangenheit zu lernen. Deshalb muss man sich mit der Geschichte beschäftigen. Heutzutage bekommen rechte Tendenzen und Geschichtsrevisionismus immer mehr Zulauf. Um diese Entwicklung zu verhindern, muss ein gesamtgesellschaftliches Erinnern an die Verbrechen eines Landes etabliert werden und an Gedenktagen wie dem Volkstrauertag reflektierte Aufklärung über die eigene Geschichte erfolgen.

Jonah

Am Tag nach dem Volkstrauertag besuchte eine Gruppe aus dem niederländischen Dorf Putten die KZ-Gedenkstätte Husum-Schwesing. Sie haben am Vortag in der KZ-Gedenk- und Begegnungsstätte Ladelund, einem weiteren ehemaligen KZ-Außenlager von Neuengamme, den Volkstrauertag begangen. Auf dem Rückweg in die Niederlande suchten sie auch Husum auf.
Das Dorf Putten war im Zweiten Weltkrieg Ziel einer Vergeltungsmaßnahme der Deutschen Wehrmacht, die dort ein Kriegsverbrechen beging. Dabei wurden 588 Männer aus Putten verhaftet und später in Konzentrationslager deportiert, die weitere Bevölkerung zum Verlassen des Dorfes gezwungen und das Dorf selbst zu großen Teilen zerstört. Geschildert werden diese Ereignisse unter anderem auf der Internetseite der Gruppe “Stichting Oktober 44“.
Der Großteil der Männer aus Putten wurde in das KZ-Außenlager Ladelund gebracht. Einige wurden allerdings auch nach Husum-Schwesing deportiert. Ladelund und Putten traten bereits kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs in Austausch und teilen heute eine gemeinsame Erinnerungs- und Versöhnungskultur. Das ist in Husum nicht der Fall. Von dementsprechend großer Bedeutung war der Besuch der Gruppe am 14. November.
Einer der ehrenamtlichen Guides, Günter Carstens, hat die Besucher:Innen über das Gelände der KZ-Gedenkstätte geführt und die Gruppe danach außerdem zum Ostfriedhof begleitet. Dabei hat er auf Deutsch erzählt und ein Mitglied der Gruppe hat das Gesagte ins Niederländische übersetzt. Außerdem fand eine Kranzniederlegung statt.
Für mich als eher außenstehende Person war die Bedeutung des Besuches deutlich zu spüren. Allerdings war der Grund dafür möglicherweise in erster Linie das Kennen der Hintergründe und das Wissen, dass sich direkte Angehörige von ehemaligen KZ-Häftlingen unter den Zuhörenden befanden. Natürlich bin ich mir der Aktualität der Thematik und der direkten Bezüge zur heutigen Zeit bewusst. Allerdings beziehe ich diese meistens auf die Wiederholung oder das Fortbestehen der Ideologie oder Abwandlungen von ihr. Die direkte Verbindung zur heutigen Zeit über noch lebende Zeitzeugen oder die Angehörigen von Zeitzeugen verliere ich dabei häufig aus dem Blick. Der Besuch der Gruppe aus Putten hat diesen Aspekt bei mir jedoch verstärkt ins Bewusstsein gerufen.