Mehr als Vergangenheit
Welche Herausforderungen und Chancen bieten Gedenkstätten als außerschulische Lernorte und was braucht es für eine zeitgemäße Vermittlungsarbeit? Was zeichnet die historischen Orte aus und wie können Bildungsangebote gestaltet werden, die an die vielfältige Lebenswelt von Kindern, Jugendlichen und bislang wenig adressierten Zielgruppen anknüpfen?
Im Projekt „Mehr als Vergangenheit“ wurden diese und weitere Fragen in Fortbildungsreihen und Summerschools diskutiert. Dafür kamen Teilnehmende aus ganz Deutschland in die Nordsee Akademie nach Nordfriesland. Vor Ort setzten sie sich mit der Geschichte und den bestehenden Bildungsangeboten der KZ-Gedenkstätten in Husum-Schwesing und Ladelund auseinander. Als künftige Multiplikatorinnen und Multiplikatoren erprobten die Teilnehmenden digitale Tools, die für die außerschulische Bildungsarbeit nutzbar sind, sie lernten diskriminierungssensible Methoden kennen und setzten sich mit aktuellen gesellschaftspolitischen Diskursen auseinander. Im Mittelpunkt der Aus- und Fortbildung stand die Entwicklung eigener Bildungsformate und Projekte, die an Gedenkstätten umgesetzt werden können.
Durch die Vielfalt an persönlichen und beruflichen Hintergründen der Teilnehmenden ist ein großes Netzwerk entstanden. Einige Konzeptideen und Projekte sind an den nordfriesischen KZ-Gedenkstätten bereits umgesetzt worden, darunter digitale Instagram- und Podcast-Formate oder auch eine Projektwoche mit Schülerinnen und Schülern. Die insgesamt 25 spannenden und vielfältigen Konzeptideen werden in einem Konzeptkatalog vorgestellt, der im Dezember 2022 erschienen ist. Der Katalog ist bei uns in gedruckter Form erhältlich oder kann über den nebenstehenden Link als PDF geladen werden.
Das Projekt „Mehr als Vergangenheit“ wurde im Zuge des Bundesförderprogramms „Jugend erinnert“ mit einer Laufzeit von insgesamt drei Jahren von Februar 2020 bis Dezember 2022 bewilligt. Innerhalb von vier Fortbildungsreihen und zwei Summerschools wurden knapp 90 Teilnehmende aus ganz Deutschland erfolgreich zu Multiplikatorinnen und Multiplikatoren ausgebildet.
#Lichter-gegen-Dunkelheit
Am 27.1.2020 haben wir uns erstmalig an der bundesweiten Aktion #Lichter-gegen-Dunkelheit beteiligt. 75 Jahre nach Kriegsende und damit dem Ende der Schreckensherrschaft des NS-Regimes haben zahlreiche Gedenkstätten und Erinnerungsorte mit Licht auf damalige und heutige gesellschaftliche Dunkelheiten aufmerksam gemacht.
In Husum-Schwesing haben wir mit Unterstützung der 1./FlaRakGrp 26 der Bundeswehr in Husum das Mahnmal, das Stelenfeld, die Namenstafeln sowie weitere Orte der Gedenkstätte beleuchtet. Dazu haben wir ins Haus der Gegenwart eingeladen und einerseits einige Akteur*innen der Gedenkstätte vorgestellt, andererseits den interessierten Besucher*innen eine Möglichkeit zur Diskussion und zum Austausch angeboten.
2021 haben wir die Gedenkstätte in einem kleineren Rahmen und ohne Öffentlichkeit beleuchtet.
2022 haben wir das Mahnmal beleuchtet, um so auf die drohende Dunkelheit in unserer Gesellschaft hinzuweisen.
Kulurakademie
Im Rahmen der Kulturakademie, einer deutsch-dänischen Lernplattform, wurde ein Themenheft „Menschenrechte und Lagerhaft“ entwickelt, das Lehrerinnen und Lehrer zur Vor- und Nachbereitung eines Besuchs der Gedenkstätte im Unterricht nutzen können.
09 Themenheft: Menschenrechte und Lagerhaft
Das Themenheft dient zur Vor- und Nachbereitung eines Besuchs des Frøslevlejrens Museum und der KZ-Gedenkstätte Husum-Schwesing und eignet sich für die Klassenstufen 8-10. Das Heft enthält Material zur Beschäftigung mit den Themen Menschenrechte, nationalsozialistische Lager und Erinnerungskultur im Schulunterricht. Der Gegensatz von Menschenrechten einerseits, Entrechtung, Verschleppung und Lagerhaft andererseits bildet den roten Faden des Themenheftes. Die Schulklassen nähern sich den historischen Orten Frøslev und Husum-Schwesing anhand der persönlichen Geschichte eines Mannes, der nacheinander in beiden Lagern gefangen war. Die Menschenrechte werden so der Geschichte und Nachgeschichte der Deportation aus Dänemark nach Deutschland gegenübergestellt.
Lagerhaft
Die Lager in Frøslev und Husum-Schwesing wurden beide 1944 errichtet, allerdings unter völlig unterschiedlichen Voraussetzungen. Das Lager in Frøslev entstand nach langen Verhandlungen mit der deutschen Besatzungsmacht, um Deportationen dänischer Staatsbürger*innen in deutsche Konzentrationslager zu vermeiden. Ca. 12.000 dänische Gefangene durchliefen in der Periode von August 1944 bis Mai 1945 das Frøslev-Lager. Husum-Schwesing diente nur drei Monate, von September bis Dezember 1944, als Außenlager des Hamburger Konzentrationslagers Neuengamme. Insgesamt waren in der Zeit 2.600 Gefangene dort untergebracht. Männer aus vielen europäischen, von den Deutschen besetzten Ländern wurden unter unmenschlichen Bedingungen festgehalten und mussten Zwangsarbeit leisten. Im Gegensatz zum Lager in Frøslev starben mehr als 300 Gefangene in Husum-Schwesing. Die KZ-Gedenkstätte Husum-Schwesing wurde 1987 eröffnet und mehrmals erweitert. Frøslevlejrens Museum, das es bereits seit 1969 gibt, wurde 2001 eine nationale Gedenkstätte Dänemarks.
