Rundgang und Ausstellung
Station 1
Start
Die Häftlinge des KZ-Außenlagers Husum-Schwesing mussten Panzerabwehrgräben ausheben. Sie kamen am 25. September und 19. Oktober 1944 mit zwei großen Transporten aus dem KZ Neuengamme; insgesamt handelte es sich um etwa 2.600 Häftlinge. Die meisten mussten auf Baustellen Schwerstarbeit verrichten; viele wurden nach kurzer Zeit krank. Die Zahl der arbeitsunfähigen Häftlinge stieg bis Ende November auf über 700 an.
Bis zur Auflösung des Lagers am 27. Dezember 1944 starben in Husum-Schwesing mehr als 300 Häftlinge.
Ein weiteres KZ-Außenlager zum Bau von Panzerabwehrgräben befand sich direkt südlich der dänischen Grenze, in Ladelund. Am 1. November 1944 verlegte die Lager-SS 1.000 Häftlinge aus dem KZ-Außenlager Husum-Schwesing dorthin.
- Start 2:32
Station 2
Haus der Gegenwart
Das Haus der Gegenwart bietet die Möglichkeit, sich vertiefend und gegenwartsbezogen mit dieser und weiteren Fragen und Denkansätzen zum Umgang mit der NS-Vergangenheit und der heutigen Gesellschaft auseinander zu setzen.
„Nationalsozialismus, KZ Husum-Schwesing…
Aus dieser Geschichte
– kann man nichts –
– muss man etwas –
lernen!“
Darüber hinaus regen drei weitere Thementafeln dazu an, sich mit den Komplexen „Verfolgung von (Kriegs-) Verbrechen“, „Weiterleben mit der Geschichte“ und „Handlungsspielräume“ zu beschäftigen, jeweils mit zahlreichen Thesen und Fragen. Ein Ziel ist es, meinungs- und fragenorientiert Geschichte und Gegenwart miteinander zu verknüpfen. Auf diese Weise sollen Gespräche gefördert und Denkanstöße, kritische Zugänge und Diskussionen ermöglicht werden.
- Haus der Gegenwart 9:01
Station 3
Straßenseitiger Lagereingang
Damals führte von der Landstraße von Husum nach Flensburg ein Weg direkt in das Lager hinein. Diese Überreste sind auch heute noch auf dem Gelände der Gedenkstätte zu sehen. Dort, wo heute Bäume wachsen, befanden sich damals links und rechts Baracken für die KZ-Häftlinge.
Das Lager war von einem Stacheldrahtzaun und Wachtürmen umgeben. Außerhalb des Lagergeländes stand während des Zweiten Weltkriegse eine weitere Baracke. Sie diente der Wachmannschaft des KZ-Außenlagers als Unterkunft.
- Straßenseitiger Lagereingang 6:11
Station 4
Küchenbaracke
Aufgrund von Skizzen und Beschreibungen ehemaliger Häftlinge wissen wir, dass sich in dieser Baracke eine sogenannte Schälküche befanden. Dort mussten KZ-Häftlinge, die für die schwere Arbeit am Friesenwall zu schwach waren, Kartoffeln schälen. Außerdem gab es hier eine Schneider- und Schusterwerkstatt.
Nach Kriegsende dienten die Baracken noch bis Ende der 1950er Jahre als Flüchtlingsunterkünfte. Anfang der 1960er wurden fast alle Gebäude abgerissen. Die einzige Ausnahme war die Küchenbaracke, die als Wohnhaus genutzt und nach und nach umgebaut wurde, bis schließlich nur noch das Kellergeschoss und die Schornsteine im Original erhalten waren. Erst 2007 konnte der Kreis Nordfriesland das Gebäude erwerben und machte es zum Teil der KZ-Gedenkstätte Husum-Schwesing. 2012 wurden die nach Kriegsende ausgetauschten Bauteile abgetragen; 2014 wurden die Schornsteine und der Sockel gesichert und das Kellergeschoss dauerhaft verschlossen.
- Küchenbaracke 9:02
Station 5
Fundamentreste
Die erhaltenen Fundamente sind Überreste der Sanitärbaracken des Lagers. Insgesamt gab es im KZ-Außenlager vier solche Baracken. Der Kreis Nordfriesland hat die Fundamentreste von zwei damaligen Sanitärbaracken freilegen lassen.
Für die mehr als Tausend KZ-Häftlinge gleichzeitig reichten die Sanitärbaracken nicht aus. Die Verschmutzung der Latrinen und Waschgelegenheiten führte dazu, dass viele an Durchfall und anderen Erkrankungen litten. Hinzu kamen mangelnde Kleidung, überfüllte Unterkünfte und schlechte Nahrung.
- Fundamentreste 3:33
Station 6
Stelenfeld
Die Häftlinge in Husum-Schwesing kamen aus 13 Nationen. Einige waren während der deutschen Besatzung in ihrem Land im Widerstand aktiv. Andere wurden verhaftet, weil sie versuchten, der Zwangsarbeit in Deutschland zu entkommen. Die größte Häftlingsgruppe kam aus den Niederlanden. Allein 588 Männer stammten aus dem Dorf Putten, aus dem die SS sie am 1. Oktober 1944 im Zuge einer „Vergeltungsaktion“ ins KZ Neuengamme verschleppte.
Seit 2001/2002 erinnern 300 Stelen an die getöteten Lagerinsassen. Die Stelen symbolisieren gebückt stehende Menschen in demütiger Haltung und erinnern in ihrer verstreuten Verteilung an die Willkür der Gewalt gegenüber den Häftlingen. Sie sind aus einem Stahl, welcher schnell Rost ansetzt, sodass es Mühe kostet, die Namen der Verstorbenen zu entziffern. Dies soll daran erinnern, dass es stets mühsam ist die Erinnerung an die Zeit und die Verbrechen des Nationalsozialismus aufrecht zu erhalten. Die Installation wurde von Ulrich Lindow konzipiert.
- Stelenfeld 3:41
Station 7
Hydrant
Der Hydrant wurde durch die Gestaltung der Gedenkstätte zum Symbol. Seine Überreste stehen für die Willkür, mit der SS-Männer und manche Kapos die KZ-Häftlinge prügelten und quälten. Sie nutzten den Hydranten zur Misshandlung der Häftlinge: Die Männer wurden durchnässt an der Metallsäule festgebunden oder mussten sich auf den – heute fehlenden – Deckel des Hydranten setzen und dort verharren. Die KZ-Häfltinge waren zahlreichen weiteren Schikanen und Bestrafungen ausgesetzt.
- Hydrant 8:08
Station 8
Bahnseitiger Lagereingang
Der tägliche Weg der KZ-Häftlinge zur Zwangsarbeit am Friesenwall führte entweder durch den bahnseitigen oder durch den straßenseitigen Lagereingang. Die KZ-Häftlinge mussten anfangs etwa 12 bis 15 km zu Fuß zurücklegen, später wurden auch Züge für den Transport zu den Baustellen eingesetzt. Anschließend mussten die Häftlinge von der Bahnstrecke aus durch die Marsch zu den Arbeitsstellen laufen. Auf dem Weg zur Zwangsarbeit und zurück in das Lager durchquerten sie des Öfteren auch die Stadt Husum und andere Orte in der Umgebung.
Wer in Husum und in anderen Orten der Umgebung lebte, sah die KZ-Häftlinge auf ihren Märschen. Die Bevölkerung verhielt sich ihnen gegenüber sehr unterschiedlich, die Bandbreite reichte von Zustecken von Lebensmitteln bis zu Übergriffen auf die Häftlinge.
- Bahnseitiger Lagereingang 6:37
Station 9
Mahnmal und Rondell
Das Mahnmal und die Gedenkstätte wurden am 27. November 1987 eingeweiht. Zuvor hatte eine bürgerschaftliche Initiative die Erinnerung an das KZ-Außenlager Husum-Schwesing wiederbelebt. Ende Januar 1983 – fünfzig Jahre nach der sogenannten Machtergreifung – kamen mehr als 900 Menschen zu den Vorträgen ehemaliger KZ-Häftlinge: „Das Schweigen war gebrochen.“
1985 kaufte der Kreis Nordfriesland den Teil des Lagergeländes, der sich zwischen der Landstraße nach Schwesing und der ehemaligen Lagerstraße befindet, und 1986 beschloss der Kreistag, in Husum-Schwesing eine Gedenkstätte zu schaffen. Dort, wo sich heute das Rondell und die Rasenfläche befinden, standen einst die Häftlingsbaracken des KZ-Außenlagers.
Der Bildhauer Ulrich Lindow, der später auch das Stelenfeld gestaltete, entwarf damals das Mahnmal der Gedenkstätte. Es besteht aus einem Rondell, einer Stele und dem Backsteingebäude. Während des Entwurfs und bei der späteren Umsetzung hielten Lindow und die anderen Mitglieder der Arbeitsgruppe Kontakt zu Überlebenden in Dänemark, Frankreich, den Niederlanden und England. Einige ehemalige Häftlinge nahmen auch an der feierlichen Einweihung des Mahnmals teil.
- Mahnmal und Rondell 7:53
Station 10
Namenstafeln
Die Gedenktafeln weisen auf die Bestattung der KZ-Häftlinge in Massengräbern auf dem Husumer Ostfriedhof hin. Zugleich ergänzen sie das Stelenfeld, indem nicht nur der Name, sondern auch Herkunftsland, Alter und Beruf jedes bekannten Toten angegeben werden.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurden einige der auf dem Husumer Ostfriedhof beerdigten Toten identifiziert und deren Überreste in die Herkunftsländer überführt. Diese Umbettungen waren 1955 abgeschlossen. Anschließend wurde die Grabanlage neu gestaltet und 1957 eingeweiht. Jahrzehntelang waren die Massengräber auf dem Husumer Ostfriedhof der Ort, den die ehemaligen KZ-Häftlinge anlässlich ihrer Gedenkveranstaltungen aufsuchten. Das änderte sich erst mit der Einrichtung der Gedenkstätte auf dem Gelände des ehemaligen KZ Husum-Schwesing im Jahr 1987.
- Namenstafeln 4:08
Station 11
Das Aussenlagersystem
„Wir hatten keine Ahnung, was uns bevorstand“
Das Aussenlagersystem
Die Ausbeutung der Arbeitskraft von Häftlingen erhielt im KZ‐System ab 1942 eine immer größere Bedeutung. Auch die SS profitierte davon, dass Wirtschafts‐ und Rüstungsbetriebe die KZ‐Häftlinge in ihrer Produktion als Zwangsarbeiter einsetzten. Bis 1945 entstanden in ganz Norddeutschland im näheren Umfeld von Produktionsstätten und Baustellen insgesamt 87 Außenlager des KZ Neuengamme – eines davon bei Husum, in der Gemeinde Schwesing. Der Einsatz der KZ‐Häftlinge dort erfolgte im Auftrag des Gauleiters der NSDAP in seiner Funktion als Reichsverteidigungskommissar.
Das Außenlager Husum‐Schwesing
Die Häftlinge aus dem Außenlager Husum‐Schwesing mussten Panzerabwehrgräben ausheben. Sie kamen am 25. September und 19. Oktober 1944 mit zwei großen Transporten aus dem KZ Neuengamme; insgesamt haben hier etwa 2.600 Häftlinge gearbeitet.
Auf den Baustellen leisteten die Häftlinge des Lagers Schwerstarbeit; viele wurden nach kurzer Zeit krank. Die Zahl der arbeitsunfähigen Häftlinge stieg bis Ende November auf über 700 an. Bis zur Auflösung des Lagers am 27. Dezember 1944 starben in Husum‐Schwesing mindestens 297 Häftlinge.
Ein zweites Außenlager zum Bau von Panzerabwehrgräben befand sich südlich der dänischen Grenze, in Ladelund. Am 1. November 1944 verlegte die Lager‐SS 1.000 Häftlinge aus dem KZ‐Außenlager Husum‐Schwesing dorthin.
- Das Außenlagersystem 2:19
Station 12
Der Friesenwall als Verteidigungsanlage
„Friesenwall“ bezeichnete eine aus heutiger Sicht sinnlose Verteidigungsanlage entlang der deutschen Nordseeküste. Nach der Eröffnung der Westfront im Juni 1944 wurde ihr Bau per Führerbefehl vom 28. August 1944 mit höchster Eile vorangetrieben.
Über 25.000 Arbeitskräfte wurden in Nordfriesland im Herbst 1944 dafür eingesetzt, darunter – streng getrennt von allen anderen Arbeitern – auch 2.500 Häftlinge aus dem KZ‐Außenlager Husum‐Schwesing. Die KZ‐Häftlinge mussten, schlecht ernährt und in unzureichender Kleidung, mit Schaufeln Panzerabwehrgräben ausheben.
Zuständig für die Beschaffung der Arbeitskräfte war zunächst der Hamburger Gauleiter Karl Kaufmann, später der Gauleiter für Schleswig‐Holstein Hinrich Lohse. Die bauliche Umsetzung übernahmen die Organisation Todt und Firmen aus der Region.
- Der Friesenwall als Verteidigungsanlage 1:19
Station 13
Lagerleitung und Bewachung
SS‐Untersturmführer Hans Hermann Griem leitete das Außenlager Husum‐Schwesing. Nachdem er im November 1944 auch die Führung des Außenlagers Ladelund übernommen hatte, vertrat ihn SS‐Oberscharführer Emanuel Eichler.
Vier weitere SS‐Männer organisierten den Lagerbetrieb sowie die Arbeit am „Friesenwall“, unter ihnen der Blockführer Josef Klingler. Ehemalige Häftlinge beschrieben ihn als Schläger und Sadisten. Etwa 200 Marinesoldaten bewachten das Lager.
Für einen reibungslosen Ablauf im Lager und bei der Arbeit hatten von der Lager‐SS eingesetzte Häftlinge zu sorgen. In dieser lebensbedrohlichen Zwangslage setzten sich manche dieser Funktionshäftlinge im Rahmen ihrer Möglichkeiten für ihre Mithäftlinge ein, andere ließen sich von der SS instrumentalisieren und übten Gewalt aus.
- Lagerleitung und Bewachung 1:13
Station 14
Das KZ-Aussenlager in der Nachbarschaft
„Es war uns bekannt…“
In Nordfriesland hatten die Nationalsozialisten besonders viele Anhänger. Bei den Reichstagswahlen im Juli 1932 erhielt die NSDAP im Kreis Husum 68,6 Prozent der Stimmen. Bei den Reichstagswahlen im Juli 1932 erhielt die NSDAP im Kreis Husum 68,6 Prozent und in einigen Dörfern sogar über 90 Prozent der Stimmen.
Das KZ‐Außenlager lag sieben Kilometer außerhalb von Husum, gut erkennbar neben dem Flugplatz in dem Ortsteil Engelsburg der Gemeinde Schwesing. Geschäftsleute aus der Stadt und Bauern aus der Umgebung belieferten es mit Lebensmitteln. Die Husumer konnten die Häftlinge auf ihrem Weg zur Arbeit in und außerhalb der Stadt wahrnehmen. Sie wussten vermutlich auch von der hohen Sterblichkeit im Lager. Ab Mitte November brachte ein Bauer beispielsweise fast täglich die verstorbenen Häftlinge mit seinem Pferdefuhrwerk zum Husumer Ostfriedhof. Dort wurden die Toten in einem Massengrab bestattet und ihre Namen im Friedhofsregister eingetragen.
- Das KZ-Außenlager in der Nachbarschaft 1:30
Station 15
Woher kamen die Häftlinge?
Woher kamen die Häftlinge?
Die Häftlinge in Husum‐Schwesing kamen aus 13 Nationen. Einige waren während der deutschen Besatzung in ihrem Land im Widerstand aktiv. Andere wurden verhaftet, weil sie versuchten, der Zwangsarbeit in Deutschland zu entkommen. Die größte Häftlingsgruppe kam aus den Niederlanden. Allein 588 Männer stammten aus dem Dorf Putten, aus dem die SS sie am 1. Oktober 1944 im Zuge einer „Vergeltungsaktion“ ins KZ Neuengamme verschleppte. Weitere größere Gruppen bildeten rund 400 russische Häftlinge und mehr als 300 Franzosen. Einzelne Häftlinge kamen aus Italien, der Tschechoslowakei oder Griechenland.
Die Situation im Lager
Die ersten 1.500 Häftlinge aus dem KZ Neuengamme wurden mit Güterwaggons in das Barackenlager transportiert, das für nur 400 Personen Platz bot. In den zugigen, unbeheizten Baracken mussten sich mehrere Häftlinge ein Bett teilen. Es gab keine Waschgelegenheit; als Toiletten dienten Baracken über Erdlöchern.
Die Häftlinge, die als Ärzte eingesetzt waren, konnten die Kranken ohne Medikamente und Pflegemittel nicht ausreichend versorgen. Selbst kleinere Verletzungen oder einfache Erkrankungen wie Durchfall wurden daher zu einer lebensbedrohlichen Gefahr.
Solidarität unter den Häftlingen war überlebenswichtig. Manchen Häftlingen, beispielsweise ehemaligen Aktivisten aus dem Widerstand, gelang es, sich zu organisieren und sich gegenseitig zu helfen.
- Woher kamen die Häftlinge? 2:02
Station 16
Die Arbeitsbedingungen
„… die Blasen … wurden zu Wunden …“
Die KZ‐Häftlinge hoben mit Schaufeln und Spaten Panzerabwehrgräben für den „Friesenwall“ aus. Marinesoldaten bewachten die Häftlinge auf den Baustellen, und Häftlinge mit Aufsichtsfunktionen, sogenannte Kapos, trieben sie mit Gewalt zur Arbeit an.
Jeder Tag begann zwischen vier und fünf Uhr morgens. Nach mehrstündigen Zählappellen folgten zwölf Stunden Arbeit. Die Arbeitsorte wechselten mit dem fortschreitenden Ausbau der Panzerabwehrgräben. In den ersten Wochen mussten die Häftlinge jeden Tag zehn Kilometer zu Fuß zur Baustelle marschieren. Später stellte die Reichsbahn Güterwagen für den Transport zum Einsatzort. Auch während der Arbeit starben Häftlinge. Mithäftlinge mussten ihre Leichen dann abends zurück ins Lager bringen.
- Die Arbeitsbedingungen 1:06
Station 17
Juristische Verfolgung
„Verhör – Kreuzverhör – erneutes Verhör“
Juristische Verfolgung
Auch im 21. Jahrhundert stehen noch ehemalige NS‐Täter vor Gericht. Durch die zeitliche Distanz zu ihren Taten kommt es allerdings zu nur noch wenigen Verurteilungen.Dimension und Umfang der im Nationalsozialismus begangenen Verbrechen waren und sind ohne historischen Vergleich. Sie mit rechtsstaatlichen Mitteln zu ahnden, bedeutete für die Nachkriegsjustiz große Herausforderungen.Sie reichten von der Definition der Straftatbestände über schleppende Ermittlungen der Täter bis zu der Frage, wie eine gerechte Bestrafung der Täter aussehen könnte und wie sich diese wieder in die Gesellschaft integrieren ließen.
Britischer Militärgerichtsprozess
Nach Kriegsende verfolgten Militärgerichte der Alliierten die NS‐Verbrechen. In dem britischen Prozess „Neuengamme Camp Case No. 4“ wurden 1947 unter anderem die im Außenlager Husum‐Schwesing begangenen Verbrechen verhandelt.
Aus Mangel an schriftlichen Beweisen stützten sich die Ermittlungen auf Zeugenaussagen ehemaliger Häftlinge, die oft mühsam aufgespürt werden mussten. Kurz vor Prozessbeginn flohen der Hauptangeklagte und ehemalige Lagerkommandant Hans Hermann Griem sowie der Kapo Martin Tenz aus der Internierungshaft. Am Ende standen im Hauptprozess nur drei Personen vor Gericht: zwei SS‐Männer und ein Kapo. Zwei Angeklagte wurden zu Gefängnisstrafen und einer wurde zum Tode verurteilt. Alle Angeklagten plädierten auf nicht schuldig. Sie lehnten jegliche Verantwortlichkeit ab und argumentierten, sie hätten stets auf Befehl gehandelt.
- Juristische Verfolgung 2:13
Station 18
Ermittlungen gegen Hans Hermann Griem
Der Lagerleiter Hans Hermann Griem konnte 1946 untertauchen. So entzog er sich sowohl einer Verurteilung durch ein britisches Militärgericht als auch einige Jahre später einer Anklage durch die Hamburger Staatsanwaltschaft.
1965 kam die Flensburger Staatsanwaltschaft Griem auf die Spur. Er lebte mittlerweile wieder unter seinem richtigen Namen in Hamburg‐Bergedorf, ganz in der Nähe des ehemaligen Konzentrationslagers Neuengamme.
Die Staatsanwaltschaft Hamburg ermittelte daraufhin gegen Griem wegen verschiedener Tötungsdelikte in Außenlagern. Nach einem Vierteljahrhundert wurden Zeugen erneut befragt: ehemalige Häftlinge aus Deutschland, Dänemark, Frankreich und Polen sowie ehemalige Kapos. Am 25. Juni 1971 starb Hans Hermann Griem kurz vor Prozessbeginn und wurde darum nie verurteilt.
- Ermittlungen gegen Hans Hermann Griem 1:16
Station 19
Nachgeschichte des Lagers
Die Aufgabe von Gedenkstätten
Die ersten KZ‐Gedenkstätten entstanden bereits in den 1950er‐Jahren. Dabei ging die Initiative nahezu immer von ehemaligen KZ-Häftlingen aus. Sie forderten einen Ort, an dem sie den ermordeten Mithäftlingen gedenken konnten.
Ab Anfang der 1980er‐Jahre entstanden in vielen Städten Bürgerinitiativen aus Empörung über die vergessenen Orte des NS-Terrors. Sie setzten sich dafür ein, dass dort Gedenkstätten eingerichtet werden.
Heute übernehmen Gedenkstätten viele Funktionen. Sie sind mit ihren Ausstellungen Orte der Dokumentation und Information, sie sind Räume des Lernens und der Begegnung und sie sind nach wie vor Gedenkorte.
Das Lager nach der Räumung
Ende Dezember 1944 löste die Lager‐SS das KZ‐Außenlager Husum‐Schwesing auf und transportierte die kranken und nicht mehr arbeitsfähigen Häftlinge zurück in das Hauptlager Neuengamme. Wie viele von ihnen bis zur Befreiung des KZ durch die Truppen der britischen Alliierten am 3. Mai 1945 starben, ist nicht bekannt.
Nach einer vorübergehenden Nutzung als Flüchtlingslager geriet das Außenlager Husum‐Schwesing ab Anfang der 1960er‐Jahre vollständig in Vergessenheit. Auf dem Gelände befand sich bis in die 1990er‐Jahre ein privates Wohnhaus mit Pferdeweide. 1994 stellte der Kreis Nordfriesland die letzten baulichen Überreste des KZ-Außenlagers unter Denkmalschutz.
- Nachgeschichte des Lagers 2:01
Station 20
Die Entwicklung der Gedenkstätte
Die Einrichtung der KZ-Gedenkstätte Husum-Schwesing geht auch auf bürgerschaftliches Engagement zurück. Ab Anfang der 1980er Jahre erforschte eine nordfriesische Arbeitsgruppe die Geschichte der KZ-Außenlager Husum-Schwesing und Ladelund. Außerdem nahmen ihre Mitglieder Kontakt zu ehemaligen KZ-Häftlingen auf und organisierten Veranstaltungen mit ihnen. Infolge ihrer und anderer Initiativen nahmen Kreis und Land die Erinnerung an die Opfer des KZ-Außenlagers schließlich als kulturpolitische Aufgabe wahr. 1987 wurde ein Mahnmal erbaut und eingeweiht. Seitdem wurde die Gedenkstätte schrittweise ausgebaut.
In den Jahren 2015 bis 2017 hat der Kreis Nordfriesland die KZ-Gedenkstätte Husum-Schwesing konzeptionell überarbeitet und baulich erweitert. Am 28. April 2017 wurde die Gedenkstätte in ihrer heutigen Form neu eröffnet.
- Die Entwicklung der Gedenkstätte 1:09
Zitate und Literatur
- Jean Le Bris, Erinnerungsbericht, Archiv der KZ-Gedenkstätte Neuengamme, HB 1544. Pierre Jorand, Husum. Hier wird Leben ausgerottet. Das Martyrium der Gefangenen des KZ-Außenlagers Schwesing, Bredstedt 1996.
- Benjamin Mørch, Rede auf einer Veranstaltung im Husumhus am 30. Januar 1983, abgedruckt in: Olde Lorenzen, „Macht ohne Moral“. Vom KZ Husum Schwesing zum Mahnmal für die Opfer, Heide 1994.
- Hans-Christian Rasmussen, Erinnerungsbericht, Archiv der KZ-Gedenkstätte Neuengamme, HB 1583.
- Gemeinderat von Putten (Hg.), Wouter Rozendaal, Uit diepten van ellenden – Aus tiefer Not, Putten 2014.
- Wladislaw Siemionko, Zeugenaussage, 13.12.1945, in: The National Archives, War Office, 235/302.
- Paul Thygesen, Arzt im Konzentrationslager, in: Klaus Bästlein (Hg.), Das KZ Husum-Schwesing. Außenkommando des Konzentrationslagers Neuengamme, Bredstedt 1983, S. 7-29.
- Michel Tilly, Erinnerungsbericht, Archiv der KZ-Gedenkstätte Neuengamme, HB 1614.
- Klaus Bästlein, „Eine dreimonatige Hölle und ein Massensterben ohne Sinn“. Einige Anmerkungen und Fragen zur Geschichte des KZ Husum-Schwesing, in: Klaus Bästlein (Hg.), Das KZ Husum-Schwesing. Außenkommando des Konzentrationslagers Neuengamme, Bredstedt 1983, S. 30-48.
- Marc Buggeln, Husum-Schwesing, in: Wolfgang Benz, Barbara Distel (Hg.), Der Ort des Terrors. Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager, Band 5, Hinzert, Auschwitz, Neuengamme, München 2007, S. 457-462.
- Fiete Pingel und Thomas Steensen, Die KZ-Außenlager in Husum-Schwesing und Ladelund, in: Uwe Danker, Nils Köhler, Eva Nowottny, Michael Ruck (Hg.), Zwangsarbeitende im Kreis Nordfriesland 1939-1945, Bielefeld 2004, S. 271-293.