Unsere FSJlerin Paula Drewes hat vom 23. – 29.  Januar an der diesjährigen Jugendbegegnung des Deutschen Bundestages anlässlich des 80. Jahrestages der Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz teilgenommen. In ihrem Bericht gibt sie uns Einblicke über ihre Erlebnisse während der Jugendbegegnung. 

Unsere Gruppe bestand aus mehr als 70 jungen Menschen, fünf Betreuungspersonen sowie zwei Mitarbeiterinnen des Deutschen Bundestages.

Ein großer Bestandteil der Begegnung fand in Oświęcim statt. Dort besuchten wir u.a. die Gedenkstätte Ausschwitz:

Zuerst bekamen wir eine Führung durch die Gedenkstätte Auschwitz I – Stammlager. Ich empfand es als sehr bedrückend, über das Gelände zu gehen und dabei die Atmosphäre des Ortes wahrzunehmen. Auch die Ausstellungsräume, in denen Berge von Haaren, Koffern, etc. gezeigt werden, trafen mich sehr, da mir die Masse an ermordeten Menschen materiell vor Augen geführt wurde, auch wenn dies das gesamte Ausmaß der Nazi-Verbrechen natürlich immer noch nicht wiedergeben kann. Für besonders gelungen halte ich die neuere Shoa-Ausstellung aus dem Jahr 2013. Die Ausstellung wurde von der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem konzipiert und kontextualisiert die Verbrechen in Auschwitz in Zusammenhang mit der planmäßigen Vernichtungspolitik der Nazis. In einem der ersten Räume werden Videos gezeigt, die jüdisches Leben vor der Zeit des Nationalsozialismus zeigen. Diese fand ich sehr berührend. Besonders bedrückend und emotional war für mich ein Raum, in dem ganz viele Zeichnungen von getöteten Kindern an den Wänden zu sehen sind. Mind. 1,5 Millionen jüdische Kinder wurden von den Nationalsozialisten ermordet. Diese Zeichnungen zu sehen, in denen Kinder auf ihre Weise die Erlebnisse im Konzentrationslager festhalten, war für mich sehr hart.

Nachmittags wurden wir noch durch die Gedenkstätte II – Birkenau geführt. Hier erschreckte mich die Weitläufigkeit des Geländes. Es war ein beklemmendes Gefühl, zu wissen, dass an diesem Ort Millionen Menschen ermordet wurden.

Die Besichtigung des Gerhard Richter Ausstellungshauses war ebenfalls Teil des Programms. Richter hat vier Fotografien, die 1944 heimlich von Häftlingen des Sonderkommandos aufgenommen wurden, als Grundlage genommen, um sein Werk „Bilder aus Birkenau“ zu entwerfen. Die Fotografien, die Frauen auf dem Weg zur Gaskammer sowie die Verbrennung der Leichen von Jüdinnen und Juden zeigen und als einzige fotografische Dokumente des Holocaust gelten, greift Richter in vier abstrakten, großformatigen Gemälden wieder auf. Ich finde den Ansatz, Fotografien als Ausgangpunkt von Kunst zu nehmen, spannend und es war interessant, zu sehen, wie jede und jeder von uns die Gemälde anders wahrnimmt.

Wir hatten darüber hinaus die Möglichkeit, ein Zeitzeuginnengespräch mit Eva Szepesi zu führen. Szepesi wurde im Konzentrationslager Auschwitz geboren und überlebte gemeinsam mit ihrer Mutter das KZ. Im Anschluss an ihre Erzählung, die mich stark bewegte, durften wir Eva Szepesi Fragen stellen.

Am Montag war auch schon der letzte Tag, den wir in Oświęcim verbracht haben. Der Morgen begann mit einem Gespräch mit der Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages Petra Pau und dem Vorsitzenden des Auschwitz-Komitees Christoph Heubner. Ich habe Frau Pau und Herrn Heubner als sehr aufmerksam uns gegenüber wahrgenommen und es war schön, dass sie auf unsere Fragen so genau eingegangen sind und auf Augenhöhe mit uns sprachen.

Spannend war für mich auch noch eine Stadtführung durch Oświęcim und ein Besuch des Jüdischen Zentrums. Dieser Programmpunkt war für mich persönlich noch einmal sehr wichtig, da wir so auch die Stadt Oświęcim besucht haben.

Nachdem wir am Dienstag wieder nach Berlin reisten, stand der Mittwoch ganz im Zeichen der Gedenkstunde im Deutschen Bundestag. Wir bereiteten uns zunächst in den Arbeitsgruppen auf das an die Gedenkstunde folgende Podiumsgespräch vor. Dann ging auch schon die Gedenkstunde im Deutschen Bundestag los. Neben dem Bundespräsidenten Frank Walter-Steinmeier sprach auch Roman Schwarzmann. Er überlebte das Ghetto Berschad in der Ukraine und berichtete in seiner Gedenkrede über die Schrecken in dem Ghetto. Schließlich nahm er auch Bezug zum aktuellen Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine.

Nach der Gedenkstunde hatten wir die Möglichkeit, ein Podiumsgespräch mit Roman Schwarzmann sowie Yvonne Magwas, der Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, zu führen. Es wurde teils sehr politisch, da wir Frau Magwas als Mitglied der CDU auch Fragen zum aktuellen Kurs ebendieser Partei unter Merz befragten. Herr Schwarzmann hob mehrmals hervor, wie wichtig es sei, dass wir als junge Generation unser Engagement fortsetzen würden. Seine Persönlichkeit sowie Geschichte berührte mich und ich bin sehr froh, dass ich an diesem Gespräch teilnehmen konnte.

Damit endete die Jugendbegegnung auch schon und ich bin sehr dankbar, dass ich daran teilnehmen durfte. Neben all den inhaltlichen Erkenntnissen, die ich geschildert habe, war für mich auch der Austausch mit den anderen Teilnehmenden richtig schön. Ich habe so viele tolle Menschen kennengelernt und wir konnten trotz der schweren Themen an den Abenden miteinander lachen. Mit vielen Teilnehmenden werde ich sicher auch weiterhin Kontakt halten und es ist ein schönes Gefühl, zu wissen, dass es so viele engagierte junge Menschen gibt.

Vielen Dank an alle, die diese Jugendbegegnung überhaupt ermöglicht haben!